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Coronaschutzimpfung: Tierärzt:innen als Unterstützende in der Impfkampagne

Von Sarah Heynen

Der gesetzliche Rahmen

Tierärzt:innen sind zur Schutzimpfung gegen SARS-CoV-2 vorübergehend berechtigt – Am 10.12.2021 entschied so der Bundesrat in einer Sondersitzung durch seine Abstimmung für das verschärfte Infektionsschutzgesetz.[1]
Zuvor war es unserem Berufsstand gesetzlich verboten, Impfungen an Menschen durchzuführen: Gemäß § 1 Absatz 1 des Heilpraktikergesetzes benötigen Personen, welche „[…] die Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, ausüben […]“ wollen, eine gesetzliche Erlaubnis dazu.[2] Durch die Änderung des Infektionsschutzgesetzes, insbesondere des § 20b ist diese Tierärzt:innen nun unter folgenden Voraussetzungen gegeben:

  1. Sie wurden ärztlich geschult und die erfolgreiche Teilnahme an der entsprechenden Schulung wurde bestätigt. Die Schulung umfasst dabei insbesondere die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten zur Aufklärung, Anamnese, Feststellung der aktuellen Befindlichkeit zum Ausschluss akuter Erkrankungen oder Allergien, Impfberatung, Einholen der Einwilligung der zu impfenden Personen. Außerdem werden Tierärzt:innen über Kontraindikationen, sowie Fähigkeiten zu deren Beachtung und Notfallmaßnahmen geschult.
  2. Ihnen stehen geeignete Räumlichkeiten mit entsprechender Ausstattung zur Verfügung, um die Schutzimpfung gegen SARS CoV-2 durchzuführen, oder sie sind in geeignete Strukturen, wie zum Beispiel ein mobiles Impfteam, eingebunden.[3]

Die Bundestierärztekammer hat in diesem Zuge gemeinsam mit der Bundesärztekammer ein Muster-Curriculum für diese ärztliche Schulung erarbeitet. Auf der Grundlage dieses Lehrplanes wurde gemeinsam mit der Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf eine Schulung entwickelt, die ab dem 12.01.2022 Anwendung findet.

 

 

Die Tierärzt:innenschaft möchte helfen

Schon einige Zeit bevor es zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes kam, hatte sich Siegfried Moder, Präsident des bpt stellvertretend für diesen zum Thema Coronaschutzimpfung positioniert. Schon im März 2021 äußerte er gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ die Bereitschaft der Tierärzt:innenschaft, sich an der Impf-Kampagne der Bundesregierung zu beteiligen. Um die Einbindung der Tiermediziner:innen zu erwirken, wurde eine Aufforderung an die Bundesregierung gerichtet. Zum damaligen Zeitpunkt stand die beschleunigte Umsetzung der Impfziele im Vordergrund, so führte Moder an, dass 50 Impfungen pro Woche und Praxis in einem Monat zwei Millionen weitere Menschen erreichen könne. [4]

Auch fast ein Jahr später, nachdem der Weg nun geebnet wurde, sprechen sich Interessensvertreter:innen für die Bereitschaft der Tiermediziner:innen zur Durchführung von Coronaschutzimpfungen aus. Im Interview mit Radio eins Mitte Januar 2022 sprach Katharina Freytag in Vertretung für die Bundestierärztekammer von der Annahme, dass viele „[…] Tierärzte gerne bereit sind, ihren Teil dazu beizutragen, dass wir die Pandemie schneller in den Griff kriegen.“[5] Man habe in der Tierärzt:innenschaft nachgefragt und Freytag nimmt an, dass sich Zweidrittel der rückmeldenden Personen vorstellen können, im Impfteam zu impfen und ein Drittel dies auch in der eigenen Praxis in Erwägung ziehen würde.

Vor allem für die Impfung in der eigenen Praxis warnt die Bundestierärztekammer jedoch noch.

 

Schwierigkeiten beim Impfen in der eigenen Praxis

In der Stellungnahme der BTK heißt es: „Tierärzt:innen werden auf Grund der derzeitigen Impfstofflimitierungen und ungeklärten Umsetzungsdetails vermutlich zunächst nur die Ärzteschaft in externen mobilen Einheiten, Arztpraxen und Impfzentren unterstützen können.“[6] Der Impfung in der eigenen Praxis stellen sich aktuell unter anderem Fragen der technischen, personellen, logistischen, abrechnungstechnischen und haftungsrechtlichen Umsetzung entgegen. So decke die Berufshaftpflichtversicherung von Tiermediziner:innen die Versicherung bei tierärztlichen Tätigkeiten ab, diese impliziere aber nicht das Impfen von Menschen. Vor Aufnahme der Impftätigkeit in diesem Falle rät die BTK sich eine schriftliche Bestätigung der Versicherung einzuholen, dass auch dies im Versicherungsschutz inbegriffen ist.

Auch Freytag spricht die Impfung in der eigenen Praxis als problematisch an und nennt als Beispiel die Menge an Dosen, die aus einer Durchstechflasche optimalerweise gewonnen würden. So brauche man „[…] für eine BioNTech-Impfung […] allein sechs Personen, die sie hintereinander impfen können. Das sind alles Voraussetzungen, die muss man erstmal erfüllen.“[7]

 

Impfdosen und Impfende sind nicht mehr das Problem

Nachdem zum Jahreswechsel die Anzahl der täglichen Impfungen wieder stark anstieg, flacht diese Entwicklung stand 7. Februar 2022 wieder zusehends ab, sowohl die Auffrischimpfungen (am 04.02.22 waren es 199 525 Drittimpfungen, 60 609 Zweitimpfungen), als auch die Erstimpfungen (am 04.02.22 waren es 23 670) betreffend.[8] Gleichzeitig liegt die Ausschöpfungsquote der gelieferten Impfstoffe derzeit bei 87,8 %, somit verbleiben derzeit 12,2 % der Impfdosen ungenutzt.[9]

Die Frage, ob die bestehenden Strukturen zur Umsetzung der Impfkampagne bereits ausreichend sind, könnte sich also aufdrängen. Allerdings bleibt hier der Komplexe Sachverhalt der Impfbereitschaft der Menschen außen vor.

Die Impfbereitschaft der Bevölkerung entwickelt sich dynamisch, Einflüsse darauf haben mutmaßlich sowohl die geltenden gesetzlichen Regelungen als auch medizinisch neue Erkenntnisse über entdeckte Mutationen, medizintechnische Entwicklungen wie neue Impfstoffe und auch die daraus resultierende Berichterstattung. Vor allem Menschen, die bisher kein Impfangebot in Anspruch genommen haben, führen als Begründung dafür fehlendes Vertrauen in Impfstoffe und damit einhergehende Informationen an. Laut einer Befragung von bisher nicht geimpften Personen der forsa Politik- und Sozialforschung halten 34 % der Befragten die Impfstoffe für nicht ausreichend erprobt. 15 % von Ihnen geben mangelndes Vertrauen in die Richtigkeit/ Ausgewogenheit der offiziellen Informationen über COVID-19/ die Corona-Schutzimpfung als Grund für eine bisher nicht erfolgte Coronaschutzimpfung an.[10] Sorgen, die durch ein gutes Vertrauensverhältnis und gute Aufklärungsarbeit mutmaßlich gemindert werden könnten. Hier könnte ein gutes Verhältnis zwischen Tierhalter:innen und ihren Tierärzt:innen eine große Chance sein.

 

Interdiziplinäre Zusammenarbeit bei der Coronaschutzimpfung – Eine Chance

Eine persönliche Meinung

Nein, „One Health“ in seiner Definiton ist das wohl eher nicht. Eine fächerübergreifende Zusammenarbeit im engeren Sinne meint schließlich eher die optimale Nutzung der fachspezifischen Aufgaben, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Im Fall der Coronaschutzimpfung arbeiten nun Menschen in einem Aufgabenfeld, das normalerweise nicht von ihnen abgedeckt wird.

Doch nur weil man die Coronaschutzimpfung vielleicht nicht ohne weiteres mit diesem Label versehen kann, ist diese meiner Meinung nach nicht als Chance für die interdisziplinäre Zusammenarbeit zu unterschätzen! So haben Humanmedizin, Veterinärmedizin und auch andere medizinische Fachrichtungen die Möglichkeit, gemeinsam an Konzepten der Umsetzung zu arbeiten und sich im wertschätzenden Umgang miteinander zu üben. Das gemeinsame Bestreben, der Pandemie entgegenzuwirken kann diese Fachrichtungen so näher zusammenbringen und auch nach außen ein gestärktes, einheitbildendes Ensemble der medizinischen Landschaft in Deutschland erkennen lassen. Bildlich gesprochen: Brücken, die während einer Krise gemeinsam gebaut werden, könnten so auch in Zukunft bei Herausforderungen im Sinne des „One Health“-Ansatzes von großem Nutzen sein und eine effektivere Zusammenarbeit fördern.

So kann ich als Studentin allein durch diesen „Nebeneffekt“ der interdisziplinären Zusammenarbeit diese nur befürworten und hoffe darauf, dass alle Parteien an dieser Stelle die Chance nutzen können, voneinander zu lernen.

[1] www.tieraerzteverband.de (13.12.21) Corona-Impfung durch Tierärztinnen und Tierärzte. Abgerufen am 09.02.22 von: https://www.tieraerzteverband.de/bpt/aktuelles/meldungen/2021/2021_12_13_coronaimpfung-tieraerzte.php

[2] www.bundestieraerztekammer.de (11.01.22) Impfen durch Tierärzt:innen. Abgerufen am 09.02.22 von: https://www.bundestieraerztekammer.de

[3] § 20 Absatz 4 Satz 1 IfSG

[4]www.zdf.de (29.03.21) Kampf gegen Corona – Tierärzte wollen bei Impfungen helfen. Abgerufen am 09.02.22 von: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/corona-impfungen-tieraerzte-100.html

 

[5] www.radioeins.de (19.01.22) Tierärzt*innen dürfen bald impfen – aber wollen sie auch? Abgerufen am 09.02.22 von: https://www.radioeins.de/programm/sendungen/der_schoene_morgen/_/tieraerzt-innen-duerfen-bald-mitimpfen—aber-wollen-sie-auch-.html

[6] www.bundestieraerztekammer.de (11.01.22) Impfen durch Tierärzt:innen. Abgerufen am 09.02.22 von: https://www.bundestieraerztekammer.de

[7] www.radioeins.de (19.01.22) Tierärzt*innen dürfen bald impfen – aber wollen sie auch? Abgerufen am 09.02.22 von: https://www.radioeins.de/programm/sendungen/der_schoene_morgen/_/tieraerzt-innen-duerfen-bald-mitimpfen—aber-wollen-sie-auch-.html

[8] www.statista.de (07.02.22) Tägliche verabreichte COVID-19 Erst-, Zweit- und Drittimpfungen in Deutschland. Abgerufen am 09.02.22 von: https://de.statista.com/themen/7343/impfgeschehen/#dossierKeyfigures

[9] www.statista.de (07.02.22) Ausschöpfung der gelieferten Dosen von Impfstoffen gegen das Coronavirus in Deutschland 2022. Abgerufen am 09.02.22 von: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1227060/umfrage/anteil-der-verimpften-dosen-von-corona-impfstoffen-in-deutschland/

[10] Forsa Politik- und Sozialforschung GmbH (18.10.21) Befragung von nicht geimpften Personen zu den Gründen für die fehlende Inanspruchnahme der Corona-Schutzimpfung. Abgerufen am 09.02.22 von: www.bundesgesundheitsministerium.de