Kategorie: Kuhlumne
Der Hundeführerschein – ein Interview mit PD Dr. Dorothea Döring, LMU München
Ein aktuelles Thema, welches viele Hundehalter, vorallem aber zukünftige Hundebesitzer beschäftigt. Der Hundeführerschein oder auch Sachkundenachweis – je nach Bundesland unterschiedlich – dient dem Menschen dazu, die „Sprache“ der Hunde zu verstehen sowie den Hund entsprechend seinen Bedürfnissen zu halten, zu pflegen und zu bewegen. Ebenfalls soll der Hundeführerschein auch Schutz für Halter und Gesellschaft bieten.
Geprüft werden hierbei sowohl notwendige Kenntnisse in Form einer theoretischen Prüfung als auch Alltagstauglichkeiten und eine gewisse Kontrollfähigkeit in einer praktischen Prüfung.
PD Dr. Dorothea Döring, Fachtierärztin für Verhaltenskunde, Zusatzbezeichnung Verhaltenstherapie sowie Fachtierärztin für Tierschutz hat sich die Zeit genommen, einige ausgewählte Fragen der AG Tierschutz München des bvvd e.V. (bundesverband der veterinärmedizinstudierenden deutschland e.v.) zu beantworten.
Nina Bauer (AG Tierschutz): Sollte der Hundeführerschein in Bayern bzw. in ganz Deutschland zur Pflicht werden?
Dr. Döring: Diese Frage ist pauschal schwierig zu beantworten. Allein schon aus Tierschutzgründen wäre es gut, wenn man vor der Anschaffung eines Heimtieres die entsprechende Sachkunde erwerben oder nachweisen müsste. Dies könnte durch eine zumutbare Sachkundeschulung oder einen Sachkundenachweis erfolgen. Diese „Hürde“ darf jedoch nicht so gestaltet werden, dass bestimmte Gruppen ausgeschlossen werden, d.h. sie muss auch unabhängig vom Sprach- und Bildungsniveau machbar sein. In der Steiermark (Österreich) gibt es beispielsweise eine verpflichtende vierstündige Sachkundeschulung (ohne Prüfung) für Neuhundebesitzer*innen. Niedersachsen hat die letzten Jahre Erfahrungen mit einer verpflichtenden Sachkundeprüfung für die Neuhundeanschaffung gemacht (Informationen unter: https://www.ml.niedersachsen.de/startseite/themen/tiergesundheit_tierschutz/tierschutz_allgemein/mit-dem-zentralen-register-und-dem-sachkundenachweis-sind-ab-01072013-alle-regelungen-des-hundegesetzes-in-kraft-93854.html)
Soll der Hundeführerschein bezuschusst werden?
Dr. Döring: In Bayern ist jeder Hundeführerschein freiwillig. Manche Gemeinden fördern das Ablegen eines Hundeführerscheins z.B. durch Steuerermäßigungen (z.B. in München, siehe https://stadt.muenchen.de/dam/jcr:99d08126-5771-420a-ae2c-aef71e9cf254/Steuerbefreiung%20wegen%20Hundef%c3%bchrerschein.pdf https://stadt.muenchen.de/service/info/ska-4-2-grund-zweitwohnung-hundesteuer/10172557/)
Was passiert, wenn der Hundeführerschein nicht bestanden wird?
Dr. Döring: Je nach Hundeführerschein- und Sachkundemodell ist das „Durchfallen“ geregelt. Meines Wissens kann man die Prüfung meist mehrfach wiederholen, das ist natürlich mit Kosten verbunden. Fällt man bei einem Hundeführerschein wegen des praktischen Prüfungsteils durch, dann kann man mit dem Hund üben (z.B. auch in die Hundeschule gehen), sich gezielt auf die in der Prüfung geforderten Aufgaben vorbereiten und den praktischen Prüfungsteil dann wiederholen
Muss der Hundeführerschein mit jedem Familienmitglied und für jeden Hund im Haushalt absolviert werden?
Dr. Döring: Gibt es mehrere Familienmitglieder, die den Hund ausführen, muss der Hund auch mit den anderen Familienmitgliedern überprüft werden.
Hunde aus dem Tierschutz – Was wird mit Hunden gemacht, wenn diese nicht qualifiziert sind bzw. nicht bestehen können? (Sind mögliche Folgen, dass weniger Hunde aus dem Tierschutz geholt werden, da die Angst durchzufallen zu groß ist- daher eher vom Züchter?)
Dr. Döring: Eine grundsätzliche Reglementierung von Auslandshunden gibt es nicht, d.h. es kann auch kein Hund „durchfallen“, es sei denn, er gehört z.B. einer in Bayern reglementierten Rassen an (§1 Absatz 2 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit) und braucht daher ein Gutachten zum Nachweis, dass er nicht „gesteigert aggressiv und gefährlich“ ist.
Wie würden Sie die Situation mit anderen Tieren beurteilen (Reptilien, Gifttiere, kleine Heimtiere, etc)?
Dr. Döring: Zur Haltung gefährlicher Tiere gibt es bereits Regelungen, z.B. für Bayern siehe https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayLStVG-37 und https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayVwV96517-140. Zusätzlich müssen tierschutzrechtliche Vorgaben zur Sicherstellung einer tiergerechten Haltung und ggf. Natur- und Artenschutzrecht beachtet werden.
Was haben Sie für Erfahrungen gemacht in Bezug auf Halter mit dem Hundeführerschein?
Dr. Döring: Hierzu gibt es eine Studie unseres Lehrstuhls, die zeigt, dass sich sowohl das Grundwissen als auch das gefahrenvermeidende Verhalten (nach Angaben der Kursteilnehmer*innen) durch die Teilnahme am Kurs „Hundeführerschein-Grundwissen Gefahrenvermeidung im Umgang mit Hunden“ verbessert haben, siehe https://edoc.ub.uni-muenchen.de/5948/1/May_Barbara.pdf.
Zusammenfassung:Tierschutz: Es gibt eine tierschutzrechtliche Sachkunde, die jeder Tierhalter nach § 2 des Tierschutzgesetzes besitzen muss. Diese wird bei Hunden in der Regel nicht nachgeprüft. Die Behörde kann im Verdachtsfall einen Sachkundenachweis verlangen (Einzelfall). Gefahrenvermeidung: Je nach Bundesland und Gemeinde können Reglementierungen zur Gefahrenabwehr erlassen werden. Erkundigen Sie sich also bitte in Ihrem Bundesland und an Ihrem Wohnort. Für das Halten bestimmter Tiere (Hunde je nach Rasse, Größe, …, gefährliche Tiere) gibt es meist konkrete Reglementierungen. Die Reglementierungen können den Hund (z.B. Wesensüberprüfung, Maulkorb- oder Leinenzwang) oder den Halter (Sachkundenachweis) betreffen. Der Hundeführerschein ist in Bayern ein freiwilliger Sachkundenachweis. Je nach Wohnort kann man durch Besitz des Hundeführerscheins Vergünstigungen bekommen. Wer einen Sachkundenachweis braucht und was dieser beinhalten muss, ist nicht bundeseinheitlich geregelt, sondern wird je nach Bundesland unterschiedlich gehandhabt. Meist sind die Halter bestimmter Rassen betroffen. Anders in Niedersachsen: hier gibt es einen verpflichtenden Sachkundenachweis, den man für die Neuanschaffung eines Hundes – unabhängig von der Rasse – benötigt. Eine Übersicht über die Verordnungen der einzelnen Bundesländer findet man u.a. beim Deutschen Tierschutzbund: https://www.tierschutzbund.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Hintergrundinformationen/Heimtiere/Gefahrhundeverordnungen.pdf |