Ein Brief an einen Ersti
Neu in der Stadt, das erste Mal studieren und dann auch noch online? Wie soll man dieses berühmt-berüchtigt schwierige Studium denn durchstehen?
Von Anna Schweiger
Hallo lieber Ersti,
diese Fragen stellten sich vermutlich viele von uns letztes Jahr auch. Und siehe da, die meisten sind immer noch hier. Von den Sorgen vor dem Vorphysikum und anderen Leistungsnachweisen blieben mit der Zeit nur noch grüne Haken auf der To-do-Liste übrig und der Stress wurde schon wieder überdeckt von schönen Erlebnissen, die (d)ein Studium so mit sich bringt. Ich weiß, du kannst dir das vielleicht alles gar nicht vorstellen.
Mir ging es letztes Jahr genauso und ich hoffe, dir im Folgenden etwas Mut machen zu können.
Vereinsamen, weil man niemanden kennenlernt?
Keine Sorge, das wird dir sicher nicht passieren. Für gewöhnlich sind deine Kommiliton:innen ebenfalls aufgeschlossen, neue Leute kennenzulernen. Über Facebook oder What’s App Matrikelgruppen werden oft private Treffen organisiert. So kann man gemeinsam ein paar neue Ecken oder Bars der Stadt entdecken und gleichzeitig einige Leute kennenlernen, ohne dass man gleich vor einer Masse aus 300 Leuten steht. Ich persönlich lernte gleich beim ersten Treffen meine Freund:innen kennen. Ich sage ganz gerne, es war Liebe auf den ersten Blick. Es war schön, vor der Ersi-Woche schonmal ein paar nette Menschen zu kennen, sodass ich mich schonmal zu bekannten Gesichtern gesellen konnte. Das ist aber nicht zwingend nötig, denn in der Ersi-Woche machte ich nochmal unglaublich viele neue Bekanntschaften. Wegen des Onlinestudiums gab es auch einige, die noch nicht in den Studienort gezogen sind, aber trotzdem für ein paar Treffen hergekommen sind. Hierfür lohnt es sich, in der Matrikelgruppe zu fragen, ob es anderen ähnlich geht und man sich zusammen eine Unterkunft suchen kann. Manche konnten auch bei Kommiliton:innen für ein paar Nächte unterkommen. Mir ist natürlich bewusst, dass es nicht allen möglich ist, an den Studienort zu ziehen. Ich würde es aber dennoch empfehlen, denn früher oder später gibt es dann (hoffentlich) Präsenzveranstaltungen und es ist einfacher Freundschaften zu knüpfen. Selbst, wenn man zu keinem einzigen Treffen gehen kann, lernt man spätestens bei Partnerarbeiten jemanden kennen, mit dem man die Übungen überstehen wird. Und falls die Person doch nicht dein:e Seelenverwandte:r ist, gibt es genug andere nette Menschen in deinem Semester. Für mich sind meine Studi-Freund:innen eine riesige Stütze und machen für mich das Studium 1000 Mal einfacher und spaßiger. Auch wenn es anfangs manchmal etwas “Arbeit” kostet, eine Freundschaft aufzubauen und sich erstmal kennenzulernen, lohnt es sich und das Studium schweißt unglaublich schnell zusammen.
Und was mache ich, wenn ich nicht weiß, wie denn das ein oder anderen Fach überhaupt abläuft?
Na ganz einfach: Normalerweise herrscht ein guter Informationsfluss zwischen den Semestern und die meisten Unis haben ein Paten-System. Das heißt, dir wird eine Person aus dem 3. Semester zugeteilt, die du mit Fragen löchern kannst und auch eine gute Anlaufstelle ist, wenn es um brauchbare Unterlagen geht;)
Vielleicht fragst du dich, wie du denn den Überblick behalten sollst, bei all den Abgabefristen und Pflichtveranstaltungen?
Der beste Tipp hierfür ist deine Matrikel-Info What’s App Gruppe (außer du möchtest dich durch die hunderte von Nachrichten in der “normalen” Matrikelgruppe kämpfen). Wenn sonst noch Fragen offen sind, antwortet eigentlich immer jemand in einer der beiden Gruppen. Kleiner Tipp: damit der Matrikelgruppenchat nicht explodiert, ist es immer schön, wenn man seine neu gefunden Freund:innen als Erstes um Rat fragt oder die Suchfunktion verwendet. Denn manchmal lösen sich die Probleme dann von allein, ohne dass 300 andere Menschen davon mitbekommen (müssen) oder die gleiche Frage zum fünften Mal gestellt wird.
Wie ist es denn, in einem Online Semester das Studium zu beginnen?
Es hat natürlich Vor- und Nachteile, die vielen von euch bedingt durch das letzte Jahr bestimmt schon bekannt sind. Jeder Unistandort handhabt die Lehre anders und deshalb ist es schwierig, eine allgemeine Aussage zu treffen. Eine der besten Vorteile ist, dass man sich die Vorlesungen anschauen kann, wann man will, und das Stoppen, Zurückspulen und die Geschwindigkeitsänderung ist eine echte Erleichterung. Auch wenn es sehr entspannt ist, die Vorlesung, eher als Podcast während dem Kochen, im Bett mit Tee oder sogar beim Essen anzuschauen, fällt es vielen schwer sich dabei ausreichend zu konzentrieren. Du kannst dir mal vornehmen, es nicht zu tun😉. Wann du das erste Mal mit dem Laptop auf das Sofa wanderst? Wir werden sehen. Könnte eine Challenge werden! Wer hält am längsten durch😊? Es gibt bestimmt auch wieder synchrone Vorlesungen. Das ist auch ganz nett zur Abwechslung und man konzentriert sich (vielleicht) besser. Hoffentlich wird auch etwas Präsenz vor Ort an der Uni stattfinden, das werdet ihr dann auch rechtzeitig erfahren. Jeder Präsenz-Kurs wird zum Highlight der Woche und macht auch viel Spaß! Jede:r hat natürlich seine Präferenzen, allerdings bringt es (leider) nichts, sich etwas sehnlichst zu wünschen, denn wir haben selbst keinen Einfluss auf die Situation. Es ist, wie es ist und uns bleibt nichts anderes übrig, als das Beste daraus zu machen. Besonders wenn es um das Bergfest oder Mensapartys geht, fällt es da natürlich schwer, nicht wehmütig zu werden. Aber das Studium ist ja lang genug, sodass auch wir früher oder später richtig im Veti-Style feiern können.
Schaff ich das alles überhaupt?
Ja klar. Du hast den Studienplatz bekommen und nun liegt eine spannende Zeit vor dir und alles andere wird sich ergeben. Bei dem Lernpensum ist es aber wichtig, dir auch Freizeit zu gönnen! Du kannst super einfach neue Sportarten ausprobieren (Uni-Sport), Sprachen lernen, dich engagieren (zum Beispiel in einen der AGs des BvvD) und dadurch viele neue Leute kennenlernen. Man braucht einfach einen Ausgleich – egal ob das für dich bedeutet, dich mit einem Buch, Podcast oder Film ins Bett zu kuscheln, mit ein paar Leuten den Fußball durch die Gegend zu kicken, Radfahren zu gehen, einer Tanzgruppe beizutreten oder dich in Kung-Fu zu probieren. Hauptsache der Kopf wird frei. Das Tiermedizinstudium ist anstrengend, aber machbar. Spaß macht es jedoch am meisten, wenn das Studium nicht zu deinem kompletten Lebensinhalt wird. Anders als in der Schule könnte man Tag und Nacht lernen und es gäbe immer noch mehr zu lernen. Das Studium ist dein Traumstudium und du möchtest es gut meistern? Ja! Aber vergiss bitte nicht: Nichts ist wichtiger als deine Gesundheit! Und so viele haben es auch geschafft, ohne 24/7 zu lernen. Also schalt ab und an den Laptop und dein Lernmodus ab.
Du wirst sehen, die Zeit vergeht wie im Flug und schon bald wirst du dein erstes Semester abschließen und formell kein Ersti mehr sein. Aber sind wir ehrlich: Ersti ist man so lange bis die neuen Erstis kommen!
Grüße von einem jetzt nicht mehr Ersti 🙂