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Eine Welt für alle, alle für Eine Gesundheit

One World, One Health

Was bedeutet One Health?

One Health ist eine gemeinschaftliche, ganzheitliche, inter- und transdisziplinäre Herangehensweise, die auf örtlicher, regionaler, nationaler und weltweiter Ebene arbeitet, um eine optimale Gesundheit zu erreichen. Ziel ist es die Zusammenhänge zwischen Menschen, Tieren, Pflanzen und ihrer gemeinsamen Umwelt im menschlichen Handeln zu berücksichtigen. Die Überlappung der Bereiche fordert die Zusammenarbeit von Akteuren verschiedener Disziplinen: Humanmedizin, Veterinärmedizin und Umweltwissenschaften. Darüber hinaus gewinnen weitere Komponenten wie Lebensmittelsicherheit, Landwirtschaft, Soziologie und Demographie immer mehr an Bedeutung.1

Wie entstand der One Health Gedanke?

Historisch betrachtet ist dieses Konzept nicht neu. Bereits im 19. Jahrhundert erkannte man die mögliche Übertragung bestimmter Erreger vom Tier auf den Menschen. Dies bezeichnete man schon damals als „Zoonose“. Heute schließt der Begriff auch die Übertragung eines infektiösen Erregers vom Menschen auf das Tier ein. Calvin Schwabe und James H. Steele gelten als Begründer der veterinärmedizinischen Epidemiologie und formten basierend auf ihren Forschungen das „One Medicine“ Konzept, welches Tier- und Humanmedizin miteinander verknüpft.
Anfang der 2000er Jahre organisierte die Wildlife Conservation Society ein Symposium mit dem Titel „Building Interdisciplinary Bridges to Health in a Globalized World“. Dort erarbeiteten Experten der Human- und Veterinärmedizin Schwerpunkte zur Bewältigung gesundheitlicher Risiken. Diese bilden die Basis des „One World, One Health“-Ansatzes und rufen zur interdisziplinären Zusammenarbeit auf. Geprägt von den Erfahrungen der hoch pathogenen aviären Influenza (H5N1), entwickelten die FAO (Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation), die OIE (Weltorganisation für Tiergesundheit) und die WHO (Weltgesundheitsorganisation) ein Konzeptpapier, welches Strategien zur Kontrolle infektiöser Erreger in Gebieten mit erhöhter Interaktion von Tier, Mensch und Umwelt beinhaltet. Es erschien Ende Oktober 2008 auf einem Kongress mit Vertretenden aus mehr als 120 Ländern und zahlreichen Organisationen und erhielt daraufhin weltweit Zustimmung, besonders vonseiten der Tier- und Humanmedizin. Im ersten One Health Kongress 2011 wurden die Komponenten der Ökonomie, Soziologie und Lebensmittelsicherheit in das Konzept integriert. Der Kongress findet weiterhin in regelmäßigen Abständen statt und manifestiert die Zusammenarbeit auf den unterschiedlichen Ebenen.2

 

Wieso brauchen wir eine ganzheitliche Herangehensweise?

Unsere Gesellschaft ist geprägt von Globalisierung, welche internationalen Güteraustausch und zahlreiche Reisemöglichkeiten ermöglicht. Durch die globale Vernetzung wird allerdings auch die überregionale Verbreitung von Krankheitserregern begünstigt. Innerhalb kürzester Zeit entwickelte sich so die Covid-19-Epidemie zu einer Pandemie. Eng damit verknüpft ist die entstandene Möglichkeit, dass invasive Arten unbewusst oder beabsichtigt eingeführt werden.2 Der Waschbär (Procyon lotor) wurde Anfang des 20. Jahrhunderts aus Nordamerika zur Pelztierzucht nach Deutschland importiert. Seine anspruchslose Lebensweise als Generalist und der 1954 kurzzeitig verordnete Schutz zur Arterhaltung verhalf ihm zu seinem Erfolg. Heute ist er als invasive Art endemisch stabil und bereitet eine Vielzahl an Problemen. Insbesondere die Gefährdung einheimischer Arten durch Ausgraben von Eiern der vom Aussterben bedrohten europäischen Sumpfschildkröte oder durch das Ausnehmen von Vögelnestern.3

Darüber hinaus können gebietsfremde Arten neue Zoonose-Erreger einschleppen oder ein zusätzlicher Vektor für bereits endemische Erreger sein.2 Beispielsweise kann der Kot des nach Deutschland eingewanderten Marderhundes (Nyctereutes procyonoides ussuriensis) mit Fuchsbandwurmeiern oder Trichinen belastet sein.4 Während Deutschland seit 2008 als Tollwutfrei gilt, ist das Virus in weiten Teilen der Welt, vor allem Asien und Afrikas, weiterhin stark verbreitet. Marderhunde und Waschbären zählen neben Hunden zu den wichtigsten Reservoiren für den Rabiesvirus, sodass eine Wiedereinschleppung des Erregers nach Deutschland möglich ist.5

 

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass durch das immer engere Zusammenleben von Menschen und Tieren, die Gefahr einer Übertragung von Zoonose-Erregern auf den Menschen erhöht wird. Rund 60 % aller Krankheitserreger können sowohl Tiere als auch Menschen infizieren.  Zoonose-Erreger können dabei in Form von Viren, Bakterien, Pilze, Protozoen und anderen Parasiten übertragen werden.6 Das Bevölkerungswachstum und die steigende Menge an benötigten Ressourcen veranlassen den Menschen in die Natur vorzudringen. Wildtiere werden durch schwindende Lebensräume in die Nähe des Menschen gedrängt, womit eine Infektion wahrscheinlicher wird. Fledermäuse und Flughunde können Reservoire für eine Vielzahl von Zoonose-Erregern wie zum Beispiel SARS-COV1, Mumps, MERS-CoV, Hendra-Virus und Ebola sein.7 Durch intensives Monitoring der Tiere könnten Schutzmaßnahmen frühzeitig ergriffen werden, um Epidemien örtlich einzugrenzen oder zu verhindern.

Neben Wildtieren treten wir auch in engen Kontakt mit Haus- und Nutztieren, da sie einen wichtigen Teil in unserer Gesellschaft einnehmen. Sie dienen uns als Sport, Unterhaltung, Forschung, soziale Begleiter, Arbeitstier und Nahrung. Das enge Zusammenleben erleichtert die Übertragung und Entstehung neuer Krankheitserreger.2 In den letzten drei Jahrzehnten konnte bei 75 % aller beim Menschen neu auftretenden Infektionskrankheiten der Ursprung auf Tiere zurückgeführt werden.6 Der Verzehr von rohem, ungenügend behandelten, zystenhaltigem Fleisch oder die Aufnahme von Kot von infizierten Katzen können Quellen für Toxoplasmose sein und welche besonders bei Schwangeren zu schwerwiegenden Schäden führen kann.8 Im Zusammenhang mit Nutztieren sei die Wichtigkeit der Lebensmittelüberwachung von tierischen Produkten und die Problematik des übermäßigen Einsatzes von Antibiotika als Beitrag zu vermehrten Antibiotikaresistenzen erwähnt.9

 

Neben der Tierwelt beeinflussen die Umweltverschmutzung und der Klimawandel unsere Gesundheit. Denn umweltschädliches Handeln hat nicht nur negative Auswirkungen auf die Gesundheit der Ökosysteme, sondern auch auf die des Menschen selbst. Exemplarisch hierfür sind neuseeländische Gewässer, welche durch Abholzung der Wälder, Entwässerung der Feuchtgebiete, Einführung gebietsfremder Arten und Änderung der Wasserwege belastet werden. Das Umweltministerium Neuseelands legt in einer Zusammenfassung von 2020 dar, dass 1.758 Seen des Landes, das sind 46 % aller Seen mit einer Größe von über einem Hektar, in schlechter ökologischer Verfassung sind und 76 % der nativen Süßwasserfischarten gefährdet oder vom Aussterben bedroht sind. Der vermehrte Einsatz von Pestiziden, Überdüngung, die steigende Anzahl von Rindern pro Hektar und weitere Schadstoffe wie BPA (Bisphenol A in Weichmachern) sind Grund für die starke Verunreinigung von mehr als zwei Drittel Neuseelands Seen, die flussabwärts von urbanen und forst- oder landwirtschaftlich genutzten Flächen liegen.10


Die steigenden Temperaturen verschaffen Vektoren und Krankheitserregern Möglichkeiten in neuen Gebieten zu überleben.2 Mittlerweile ist die asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) aufgrund der klimatischen Veränderungen in Italien flächendeckend und auch in Teilen Deutschlands etabliert. Ihre Eier gelangen durch internationalen Warenverkehr nach Europa und sind beständig gegenüber Umwelteinflüssen, sodass sie auch in Deutschland überleben können. Eine nennenswerte Gefahr hinsichtlich dieser Entwicklung ist die mögliche Übertragung des Chikungunya-, Dengue-, Zika- und West-Nil-Virus.11


Des Weiteren sind wir für die Produktion von Lebensmitteln, Arzneimitteln, Materialen und Versorgungssystemen auf natürliche Rohstoffe angewiesen. Um die menschliche Gesundheit zu gewährleisten, benötigen wir ein leistungsfähiges Ökosystem. Die Degradation der natürlichen Ressourcen, der Verlust der Biodiversität, der Rückgang naturnaher Gebiete und die Verschmutzung der Umwelt verursacht ein gravierendes Gesundheitsrisiko.9

 

 

Fazit

Letztendlich ist es notwendig die systematischen Zusammenhänge zu erfassen, um eine nachhaltige Gesundheit zu sicherzustellen. One Health wird auch in Zukunft eines der wichtigsten Modelle zur Prävention und Eindämmung von gesundheitlichen Risiken sein. Der „Eine Welt, Eine Gesundheit“ Gedanke bietet dabei die Chance auf langfristig effektive Lösungen für gegenwärtige und anstehende Probleme. Die Ergänzung „Eine Welt“ darf dabei nicht vergessen werden, denn neben der allumfassenden Ansicht betont es auch, dass wir nur eine Welt haben. Sie ist unsere Lebensgrundlage und ich wünsche mir, dass wir verantwortungsbewusster damit umgehen. Eine stärkere Integration der Umweltaspekte in das One Health Konzept ist dafür entscheidend und wäre eine zusätzliche Motivation die Klimaziele der Agenda 2030 zu erreichen. Die Erde ist für alle Lebewesen ein Zuhause und nur durch Zusammenarbeit aller können wir „Eine Gesundheit“ erreichen.

 

 

Bilder: What is One Health? https://www.youtube.com/watch?v=kfluP-tFC2k (Zugriff am 12.04.21)

1 One Health Commission: Definitions of One Health. https://www.onehealthcommission.org/en/why_one_health/what_is_one_health/ (Zugriff am 22.03.21)

2 Centers of Disease Control and Prevention: One Health Basics. https://www.cdc.gov/onehealth/basics/index.html (Zugriff am 22.03.21)

3 Bund für Naturschutz: Gebietsfremde Arten. https://www.bfn.de/themen/artenschutz/gefaehrdung-bewertung-management/gebietsfremde-arten.html (Zugriff am 28.03.21)

4 Umwelt Bundesamt: Marderhund. https://www.umweltbundesamt.de/marderhund#lebensraum-vorkommen (Zugriff am 28.03.21)

5 Robert Koch Institut: Tollwut. https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Tollwut.html;jsessionid=94BD34854711FE9F0148260B13B8D569.internet052#doc2392880bodyText3 (Zugriff am 28.03.21)

6 Bundesinstitut für Risikobewertung: One Health Gemeinsam für Gesundheit forschen. https://www.bfr.bund.de/de/presseinformation/2018/07/one_health

__gemeinsam_fuer_gesundheit_forschen-203906.html (Zugriff am 01.04.21)

7 Universität Bonn: Ungeahntes Reservoir von Viren. https://www.uni-bonn.de/neues/102-2012 (Zugriff am 01.04.21)

8 Robert Koch Institut: Toxoplasmose. https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Toxoplasmose.html (Zugriff am 02.04.21)

9 Umwelt Bundesamt: Was ist der One Health-Ansatz und wie ist er umzusetzen? https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/4031/publikationen/umid-02-20-one_health.pdf (Zugriff am 09.04.21)

10 Ministry of the Environment (New Zealand): Our freshwater 2020 summary. https://environment.govt.nz/assets/Publications/Files/our-freshwater-2020-summary.pdf (Zugriff am 12.04.21)

11 Umwelt Bundesamt: Achtung Tigermücke! https://www.umweltbundesamt.de/themen/achtung-tigermuecke (Zugriff am 09.04.21)